In einem Zimmer im Tierheim in Pometsau liegen Paloma und ihr Bruder Tamino in einer flauschig-grauen Kuhle des Katzenbaums. Als Besuch ins Zimmer kommt, beobachten die beiden die Neuankömmlinge argwöhnisch. Paloma wird die Sache zu heiß, sie springt aus der Kuhle und versteckt sich hinter einem Tragstamm des Katzenbaums, hinter dem sie mit neugierigen Augen hervorlugt. Im Schatten ist das nachtschwarze Kätzchen kaum zu erkennen, wären da nicht die weißen Flecken auf Pfötchen, Brust und Kinn.
Zweieinhalb Monate alt sind Paloma und Tamino jetzt. Sie hatten das Glück, im Tierheim aufwachsen zu dürfen. Denn bei den Jungen wilder Katzen kann man da durchaus von Glück sprechen. Jedes Jahr machen Tierschützer auf die überbordende Katzenpopulation aufmerksam. Die unkontrolliert Vermehrung habe teils dramatische Folgen, sagt Tierheimleiterin Gaby Wunner: „Die Ansteckungsgefahr untereinander wird größer, Krankheiten wie Katzenschnupfen, Leukose oder auch Katzen-Aids werden viel schneller und leichter übertragen.“
Hinzu komme, dass viele dieser herrenlosen Katzen durch die schlechten Lebensbedingungen kein Immunsystem hätten. „Ein Drittel der Katzenbabies stirbt“, weiß Gaby Wunner. Ihre Stimme wird traurig, fast etwas wütend, als sie sagt: „Sie sind verfloht, verdreckt, verwurmt.“ Viele hätten, sofern sie überleben, chronische Leiden wie vereiterte Augen oder Blut im Kot. „Da kommen nur die Härtesten durch.“
Gaby Wunner ist die Problematik nur zu gut bekannt. „Wir leben in einer ländlichen Region und da haben wir natürlich viele Hotspots“, sagt sie. Vor allem in der Landwirtschaft sind laut der Vorsitzenden des Kreistierschutzverein Zwiesel-Regen-Viechtach sogenannte herrenlose Katzen besonders stark verbreitet, also Katzen, die nicht wirklich wild sind, aber für die sich keiner verantwortlich fühlt. Und genau da sei das Problem: „Jeder sagt, das ist nicht meins. Das Thema wird bagatellisiert.“
Auf die Frage, wer eingreifen könne, antwortet die Tierheimleiterin mit einem Lächeln: „Jeder.“ Einige hätten ihre Tiere bereits kastrieren lassen. „Aber die Zuwanderung von außen trifft alle“, so Wunner. Wo eigene Katzen draußen gefüttert werden, siedelten sich automatisch auch herrenlose Tiere an, die hungrig sind. „Deshalb sollte man herrenlose Katzen nicht füttern, sonst legt man sich eine Katze zu“, sagt Gaby Wunner. Und für die ist man ihrer Meinung nach auch verantwortlich.
„Die wilden Katzen leiden ohne Ende“, betont sie. Vor allem die Mutterkatzen mit Babies. Denn mittlerweile werfen Katzen laut Gaby Wunner übers ganze Jahr, vermutlich wegen der Klimaveränderung. „Wir hatten auch schon im Dezember Kätzchen.“ Für die Mutterkatzen mit Jungen macht das Tierheim auch eine Ausnahme, denn normalerweise nehme man keine wilden Katzen auf, sagt Wunner. „Dafür reichen uns einfach die finanziellen Mittel nicht.“ 25 Katzen leben aktuell im Tierheim, allein 14 davon sind Jungtiere. „Vor kurzem haben wir erst fünf herrenlose Mutterkatzen aufgenommen“, so Wunner. Eine davon: Palomas und Taminos Mutter.
Eine Katzenschutzverordnung, derzufolge alle Katzen ab fünf Monaten kastriert sowie etwa durch eine Tätowierung im Ohr gekennzeichnet und registriert werden müssen, würde Gaby Wunner begrüßen. „Das ist dann aber Kommunalaufgabe“, sagt sie. Sprich: Die Bürgermeister und Gremien der Gemeinden sind gefragt – und müssten natürlich auch die Kosten übernehmen. Keine leichte Aufgabe bei 24 angehörigen Gemeinden. „Aber man müsste halt mal drüber reden“, findet sie.
Möglich ist es. Das zeigt die Stadt Laufen, in der seit 1. Februar eine entsprechende Katzenschutzverordnung gilt. Auch Aschaffenburg hat am 1. April nachgezogen. „Jeder würde sich natürlich über eine generelle Regulierung etwa vonseiten des Freistaats freuen“, ist Gaby Wunner überzeugt. Immerhin gebe es seit einem Jahr auch Fördermaßnahmen der Regierung. 12500 Euro habe das Tierheim jüngst beantragt. Ein Betrag, um schätzungsweise 140 Katzen kastrieren zu lassen. Doch nicht nur der Eingriff kostet massig Geld, sondern auch die Aufzucht der Jungkatzen. Gaby Wunner hofft deshalb, dass sich auch bei uns bald etwas tut, um das Katzenleid einzudämmen. „Für den Landkreis wäre das ein Segen.“